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TAGESSPIEGEL BERLIN_PROFIT BRAUCHT POLITISCHE VORGABEN


Interview du 31 octobre 2022 de Uli Seher dans le Tagesspiegel Berlin à l'occasion de la conférence d'urbanisme Paris- Berlin pour le 35ème anniversaire du jumelage entre Paris et Berlin, par Anna Théwalt


Deutsch:

PROFIT BRAUCHT POLITISCHE VORGABEN


Herr Seher, Sie Arbeiten als Stadtplaner und Architekt hauptsächlich in Frankreich und Deutschland, aber auch vielen anderen Ländern. Bei der Berliner Städtebaukonferenz wurden Sie als Experte zum Programmpunkt „Urbane Wohnquartiere der Zukunft“ eingeladen. Wie sieht für Sie das urbane Wohnquartier der Zukunft aus?

Wenn man in der Stadtplanung an Wohnquartiere denkt, hat man schon einen entscheidenden Fehler gemacht. Metropolen sind gewachsene Städte, die mit der Zeit Vororte und auch ländliche Gemeinden mit eingegliedert haben. Umso größer die Stadtmasse, die dazu gehörige Bevölkerung und die Distanzen sind, desto mehr wird der Verkehr zur Last.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in den europäischen Städten thematisch geordnete Stadtquartiere: Industriegebiete, Businessquartiere, Vergnügungsviertel und auch Wohnquartiere. Für jede Tätigkeit gab es einen eigenen Ort. Das kann bei der heutigen Bevölkerungsdichte nicht mehr so funktionieren.


Wie sollte es denn heute funktionieren?

In einer modernen Metropole sollten horizontal geschichtete Quartiere entstehen. Das bedeutet, dass man im gleichen Viertel wohnt, arbeitet, lebt, die Kinder dort in die Schule gehen. In Paris fahren manche Menschen täglich bis zu drei Stunden mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln auf die Arbeit, zum Einkaufen und ins Restaurant, um Freunde zu treffen und dann wieder nach Hause zum Schlafen. Das hat soziale Konsequenzen. Aber auch der Öffentliche Nahverkehr kommt damit in Paris an sein Limit. Davon müssen wir wegkommen. Wir müssen die grundsätzliche Konzeption von Wohnquartieren in Frage stellen und zu Mischquartieren übergehen. Damit wird die Stadt auch viel weniger belastet, es gibt weniger Verkehr, die Stadt ist weniger verschmutzt. In Mischquartieren, wo alles zusammenkommt, spielt auch die soziale Struktur wieder eine wichtigere Rolle.


Was ist mit Blick auf die Stadtentwicklung und Architektur in Paris anders als in Berlin?

Es sind zwei unterschiedliche Städte, die aus völlig unterschiedlicher Geschichte heraus entstanden sind. Dass dies nach wie vor sichtbar ist, ist auch gut so. Berlin soll langfristig seiner Berlin-DNA treu bleiben, Paris seiner Paris-DNA. Was jedoch alle Metropolen eint, sind neben den sozialökonomischen Schwierigkeiten die Luft- und Lärmbelastungen. Berlin ist geografisch gesehen größer und viel heterogener. Hier braucht es mehr unterschiedliche Ansätze, damit sich der Charakter der einzelnen Kieze und Bezirke nicht verliert. Wenn ich mitten in Berlin am Alexanderplatz stehe, fühle ich mich wie in einem Vorort – obwohl der Ort durch seine Lage enormes Potential aufweist. Da gibt es noch enorme Herausforderungen.


Sie werden auf der Konferenz das Morland Capitale Mixite vorstellen, das im Mai fertig gestellt wurde. Es ist ein ehemaliges Verwaltungsgebäude, in dem inzwischen ein Fünf-Sterne-Hotel und eine Jugendherberge, teure Appartements und Sozialwohnungen, vertikale Gärten, eine Kita, drei Restaurants, Büroflächen, eine Galerie, ein Schwimmbad, Läden sowie eine überdachte Markthalle auf rund 43.600 Quadratmetern untergebracht sind. Wie kam es dazu?

Das Projekt entstand aus einem Bieterverfahren für den Verkauf einer städtischen Immobilie. Dazu hatte die Stadt sich etwas Besonderes überlegt: Sie wollte nicht den meistbietenden Investor oder Projektentwickler auswählen, sondern den Besten – mit Blick auf soziale, ökologische und wirtschaftliche Kriterien. Die zentrale Frage war: Wie hilft ein privates Projekt, die Probleme der Stadt zu lösen?


Wie haben Sie diese Kriterien eingelöst?

Wir haben uns bei der Umsetzung des Projekts gefragt, wie man eine soziale und generationelle Mischung hinbekommen und noch dazu junge Unternehmen anlocken kann. Wir haben gesagt: Wenn es ein Luxushotel gibt, dann braucht es auch eine Jugendherberge. Wenn es teure Apartments gibt, braucht es auch Sozialwohnungen. Es ging immer darum, Gegenpole zu schaffen. Sie garantieren das soziale Gleichgewicht und erhöhen die Akzeptanz eines neuen Gebäudes. Aus diesem Nutzungscocktail kam das Konzept zustande. Wir wollten dem Ort für so viele Menschen wie möglich attraktiv machen. Heute kann man in dem Komplex für 40 Euro übernachten, aber auch für 900 Euro.

Auf 3000 Quadratmeter vertikaler Gartenfläche über den Dächern des Gebäudes werden heute Gemüse und Kräuter angebaut. Das schafft Arbeitsplätze, reinigt die Luft und produziert lokal – ohne Transport. Natürlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn jedoch jedes Projekt versucht, auch noch so kleine Fortschritte zu machen, dann wird die Stadt urbaner. Die ursprüngliche Bedeutung von Urban ist ja eigentlich der gegenseitige Respekt. Im Französischen gibt es das Wort „être poli“ freundlich zu sein – auch das kommt parallel direkt aus dem Griechischen ‚Polis‘ der Stadt. Wenn sich jedes Projekt an den sozialen und ökologischen Regeln orientieren würde, wäre jede Stadt besser.


Der Architekt David Chipperfield, mit dem Ihr Büro das Projekt umgesetzt hat, hat in einem Interview gesagt: „Der freie Markt kann nicht liefern, was wir zur Bewältigung von umwelt- oder sozialpolitischen Krisen brauchen.“ Was braucht es, damit Großprojekte in Zusammenarbeit von Politik, Städteplanern, Architekten und Investoren gut funktionieren?

Es braucht zuallererst einen Investitionsdruck. Eine Stadt, die nicht attraktiv ist, wird keine Investoren anziehen, die sich mit der Umwelt und sozialpolitischen Schwierigkeiten auseinandersetzen wollen. Die Rolle der Politik ist dabei entscheidend: Sie muss den Rahmen schaffen, dass der versprochene Profit die verschiedenen Akteure so anzieht, dass sie bereit sind, sozialer und ökologischer zu handeln. Nur aufgrund von klaren politischen Vorgaben und ständiger Kontrolle werden solche Aspekte in einen Businessplan einfließen.


Für Ihre eigene Arbeit spielen Utopien eine große Rolle. Welche Utopie einer modernen europäischen Metropole sähen sie gerne verwirklicht?

In der Stadtplanung und Architektur von heute geht es weniger – wie in den 70er Jahren – darum, Utopien zu träumen und zu hoffen, dass sie sich realisieren. Utopien sind Entwurfsinstrumente. Sie geben uns die Möglichkeit so frei und uneingeschränkt wie möglich Konzepte zu Ende zu denken. Freies Denken ist beim Verbessern unsere Metropolen essenziell.


Das Gespräch führte Anna Thewalt


Français:

LE PROFIT A BESOIN DE DIRECTIEVES POLITIQUES


Monsieur Seher, vous travaillez comme urbaniste et architecte principalement en France et en Allemagne, mais aussi dans de nombreux autres pays. Lors de la conférence sur le développement urbain de Berlin, vous avez été invité en tant qu'expert au programme "Quartiers résidentiels urbains du futur". Comment voyez-vous la zone résidentielle urbaine de demain ?

Si vous pensez ‚quartiers résidentielles‘ dans l'urbanisme, vous avez déjà fait une erreur cruciale. Les métropoles sont des villes qui se sont développées en intégrant des banlieues et des communautés rurales au fil du temps. Plus la masse de la ville, sa population associée et les distances sont importantes, plus le trafic devient un fardeau.

Après la Seconde Guerre mondiale, des quartiers urbains organisés par thèmes ont émergé dans les villes européennes : zones industrielles, quartiers d'affaires, quartiers de divertissement mais aussi quartiers résidentiels. Chaque activité avait sa place. Avec la densité de population actuelle, cela ne peut plus fonctionner ainsi.


Comment est-ce censé fonctionner aujourd'hui ?

Dans une métropole moderne, des quartiers en strates horizontales devraient être créés. Cela signifie que vous vivez, travaillez et habitez dans le même quartier, et que les enfants y sont scolarisés. À Paris, certaines personnes se déplacent jusqu’à trois heures par jour en utilisant une variété de modes de transport pour se rendre au travail, faire du shopping, manger au restaurant, rencontrer des amis, puis rentrer chez elles pour dormir. Cela entraîne des conséquences sociales. Mais les transports en commun à Paris atteignent aussi leurs limites. Nous devons nous éloigner de ce model. Il faut remettre en question le concept de base des quartiers résidentiels et passer aux quartiers mixtes. C’est ainsi que la ville est aussi beaucoup moins chargée, il y a moins de circulation, la ville est moins polluée. Dans les quartiers mixtes, où tout s'enchaîne, la structure sociale joue également un rôle plus important.


En termes d'urbanisme et d'architecture, qu'y a-t-il de différent à Paris qu'à Berlin ?

Ce sont deux villes différentes qui ont émergé d'histoires complètement différentes. C'est une bonne chose que cela soit encore visible. Berlin doit rester fidèle à son ADN berlinois sur le long terme, Paris à son ADN parisien. Cependant, ce que toutes les métropoles ont en commun, au-delà des difficultés socio-économiques, ce sont les nuisances atmosphériques et sonores. Berlin est géographiquement plus grande et beaucoup plus hétérogène. Des approches plus différentes sont nécessaires pour maintenir le caractère des différents quartiers. Quand je me trouve au milieu de Berlin sur l'Alexanderplatz, j'ai l'impression d'être dans une banlieue - même si l'endroit a un énorme potentiel en raison de son emplacement. Il y a encore d'énormes défis.

Vous allez présenter le projet ‘Morland Capitale Mixite’ lors de la conférence, qui s'est achevée en mai. C'est un ancien bâtiment administratif qui abrite aujourd'hui un hôtel cinq étoiles et une auberge de jeunesse, des appartements de luxe et des logements sociaux, des jardins verticaux, une garderie, trois restaurants, des bureaux, une galerie, une piscine, des boutiques et un marché couvert sur environ 43 600 mètres carrés. Comment ça a été possible ?

Le projet est né d'un processus d'appel d'offres pour la vente d'une propriété municipale. La ville avait pensé à quelque chose de spécial pour cela : elle ne voulait pas sélectionner l'investisseur ou le promoteur de projet le plus offrant, mais le meilleur - en tenant compte de critères sociaux, écologiques et économiques. La question centrale était : comment un projet privé aide-t-il à résoudre les problèmes de la ville ?


Comment avez-vous rempli ces critères ?

Lors de la mise en place du projet, nous nous sommes demandé comment parvenir à une mixité sociale et générationnelle tout en attirant de jeunes entreprises. Nous avons dit : s'il y a un hôtel de luxe, il faut qu'il y ait une auberge de jeunesse. S'il y a des appartements en accession privé, il y a aussi un besoin de logements sociaux. Il s'agissait de créer de manière systématique des pôles complémentaires. Cette attitude garantit l'équilibre social et augmentent l'acceptation d'un nouveau bâtiment. Le concept est né de ce cocktail d'usages. Nous voulions rendre le lieu attractif pour le plus grand nombre. Aujourd'hui, vous pouvez séjourner dans le complexe pour 40 euros, mais aussi pour 900 euros.

Aujourd'hui, les légumes et les herbes sont cultivés sur 3 000 mètres carrés d'espace de jardin vertical au-dessus des toits du bâtiment. Cela crée des emplois, assainit l'air et produit localement - sans transport. Bien sûr, ce n'est qu'une goutte dans le seau. Cependant, si chaque projet essaie de faire même le plus petit des progrès, alors la ville devient plus urbaine. Le sens originel d'Urban est en fait le respect mutuel. En français, il y a le mot "être poli" - cela vient aussi directement du grec "polis" de la ville. Si chaque projet était basé sur des règles sociales et écologiques, chaque ville serait meilleure.


L'architecte David Chipperfield, avec qui votre bureau a mis en œuvre le projet, a déclaré dans une interview : "Le marché libre ne peut pas fournir ce dont nous avons besoin pour faire face aux crises environnementales ou sociopolitiques." Que faut-il pour des projets à grande échelle en coopération avec politiciens, urbanistes, architectes et investisseurs fonctionnent bien ?

D'abord et avant tout, il faut qu'il y ait une pression d'investissement. Une ville qui n'est pas attractive n'attirera pas les investisseurs désireux de s'attaquer aux problèmes environnementaux et sociopolitiques. Le rôle du politique est crucial : il doit créer le cadre pour que le profit promis attire les différents acteurs de manière qu'ils acceptent d'agir de manière plus sociale et écologique. Ces aspects ne seront inclus dans un plan d'affaires que sur la base d'orientations politiques claires et d'un suivi constant.


Les utopies jouent un rôle majeur dans votre propre travail. Quelle utopie de métropole européenne moderne souhaiteriez-vous voir se réaliser ?

L'urbanisme et l'architecture d'aujourd'hui consistent moins - comme dans les années 1970 - à rêver d'utopies et à espérer qu'elles se réaliseront. Les utopies sont des outils de conception. Ils nous donnent la possibilité de penser des concepts jusqu'au bout aussi librement et sans restriction que possible. La libre pensée est essentielle pour améliorer nos métropoles.


La conversation a été menée par Anna Thewalt

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